Gewaltlosigkeit im Islam

Christlich-islamischer Dialog

Eine Akademietagung am 16./17. November 2012 zeigte historische und aktuelle Beispiele, wie sich Muslime für den Frieden einsetzen.

Mahatma Ghandi (r.) und Abdul Ghaffar Khan (l.). Foto: Wikimedia Commons

Durch die extremistischen Ausschreitungen in Solingen oder Bonn im Frühjahr 2012 sind Islam und Gewalt in den Medien wieder enger zusammengerückt – doch stimmt dieses Bild?

Gewaltlosigkeit im Denken und Handeln wird gemeinhin dem Buddhismus und dem Hinduismus zugeordnet. Aber auch im Islam gibt es Beispiele für einen gewaltlosen Kurs. Sie standen jetzt im Mittelpunkt einer Tagung an der Akademie:

Gewaltlosigkeit im Islam – wie sich Muslime für den Frieden einsetzen Freitag
16. November, bis Samstag, 17. November 2012

Einer der engsten Weggefährten Gandhis, Badschah Khan oder Abdul Ghaffar Khan (1890 – 1988), war ein Muslim, der als Vertreter eines strikt gewaltlosen Weges in Afghanistan wirkte und den Widerstand gegen Großbritannien mit den gleichen Methoden wie Ghandi unterstützte. Sein Andenken ist heute leider in Vergessenheit geraten.

Weitere Beispiele sind aus Syrien, dem Iran, dem Sudan, Indonesien und anderen Ländern bekannt. Sie bleiben aus Gründen einseitiger Medienberichterstattung meist unerwähnt.

Badschah Khan – Wie ein Weggefährte Gandhis die Gewaltlosigkeit im Islam begründete
Dr. Yahya Wardak, 1. Vorsitzender von Afghanistan Information Center (Afghanic e.V.)  , sprach über Abdul Ghaffar Khan. Afghanic e.V. hat im Sommer dieses Jahres dessen Autobiographie veröffentlicht. „Er verband in einzigartiger Weise Islam, Gewaltfreiheit und Aufklärung miteinander“, heißt es in der Ankündigung zu der von Wardak mitherausgegebenen Publikation.

Jawdat Sa’id: Ethik der Gewaltlosigkeit
Der Islamwissenschaftler Muhammad Sameer Murtaza von der Stiftung Weltethos Murtaza ist Experte u. a. für Islamische Philosophie und Islamische Reformer. Im Zentrum seines Vortrags stand ein „Denker der Gewaltlosigkeit“. Murtaza führte die Zuhörerinnen und Zuhörer in die Ethik der Gewaltlosigkeit des zeitgenössischen syrischen Gelehrten Jawdat Sa’id (geb. 1931) ein.

Sulha – eine traditionelle Form der Konfliktbeilegung
Die Sulha, ein im Nahen Osten praktiziertes und festen Regeln unterliegendes Konfliktmanagement, stand im Mittelpunkt des Vortrags von Rechtsanwalt Dr. Holger-C. Rohne , der über kollektive Konflikte im arabischen Raum promoviert hat. Die Sulha – wörtlich übersetzt „Friedensstiftung“ – ist einem Schiedsspruch oder einer Mediation im europäischen Kontext vergleichbar: Wenn Parteien sie bei einem Streit zur Lösung des Konflikts akzeptieren, verzichten sie auf eigene Aktionen der Vergeltung.

Muslimisches Engagement für den Frieden – aktuelle Beispiele
Über aktuelle Beispiele des muslimischen Engagements für den Frieden berichteten Sayad Mahmood vom Ökumenischen Informationszentrum e.V., Dresden, und Tarek Abdelalem von Islamic Relief Deutschland, einer internationalen, von Muslimen getragenen Hilfsorganisation. Ein weiterer Beitrag befasste sich mit der Frage der Gewaltfreiheit im shiitischen Islam.

Zum Nachhören

  • Ein Interview, das Muhammad Sameer Murtaza von der Stiftung Weltethos dem Domradio gegeben hat, finden Sie hier.
  • Der Islam jenseits des Extremismus. Eine Tagung in Bonn über die pazifistischen Strömungen der Weltreligion“. Ein Beitrag des Journalisten Peter Leusch im Deutschlandfunk, den Sie hier nachlesen und nachhören können.

Publikation mit Aufsätzen der Tagung in Vorbereitung
Die Tagung wird im Rahmen unserer Akademie-Reihe „Begegnungen“ dokumentiert.
Der Band mit den Aufsätzen der Tagung wird im Lauf des Jahres 2013 erscheinen.