Islamverbände fordern Respekt vor religiösen Gefühlen

epd-Landesdienst West, 24.09.2012

Mazyek: Konflikte dienen Extremisten auf beiden Seiten 

Bonn (epd). Die Konflikte um das islamfeindliche Mohammed-Video dienen nach Ansicht des Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, Rechtsextremisten wie auch extremistischen Muslimen. Bei der Analyse der Auseinandersetzungen müsse immer nach den Nutznießern gefragt werden, sagte Mazyek am Samstag in Bonn. „Die Profiteure sind nicht der Islam und die Muslime”, betonte der Zentralrats-Vorsitzende bei einer zweitägigen Fachtagung der Evangelischen Akademie im Rheinland zum Salafismus.

Es gibt Mazyek zufolge jedoch extreme Gruppen und Diktaturen in der islamischen Welt, die die Demokratisierung nach dem Arabischen Frühling durch das Schüren der Konflikte stoppen wollten. Rechtsextreme nutzten ihrerseits die Reaktionen in der islamischen Welt auf das Video, um sich zu profilieren. Dagegen müssten sowohl die Meinungs- und Pressefreiheit als auch die Würde der Menschen mit ihren religiösen Gefühlen verteidigt werden.

Auch der Dialogbeauftragte der Türkisch-Islamischen Union (DITIB), Bekir Alboga, forderte mehr Respekt gegenüber religiösen Gefühlen. Es sei möglich, den Islam genauso zu kritisieren wie das Judentum und Christentum, „aber ohne unsere Würde dabei zu verletzen”, sagte Alboga. Die Muslime seien erfreut, wenn Kirchen das umstrittene Mohammed-Video verurteilten.  Die Geschwisterlichkeit unter den Religionen ist laut dem Vertreter des größten islamischen Verbandes hierzulande ein Fundament, das gestärkt werden müsse. Die interreligiösen Gemeinsamkeiten sollten Alboga zufolge auch in den Medien mehr Raum einnehmen gegenüber Berichten über Probleme im religiösen Bereich. Die Ängste im Westen vor einer Bedrohung durch die islamische Welt seien unbegründet, sagte er.

Nach Einschätzung der Sozialwissenschaftlerin Karin Priester von der Universität Münster diene die extreme islamische Strömung des Salafismus den rechtspopulistischen Pro-Bewegungen als politisches Instrument. Parteien wie ProKöln oder ProNRW setzten Salafisten und Muslime insgesamt gleich, um sie als Bedrohung für das christliche Abendland darzustellen. Die Pro-Bewegungen verfolgen laut Priester eine Doppelstrategie. Sie wollten durch das Zeigen der umstrittenen Mohammed-Karikaturen eine Eskalation von Konflikten erreichen. Gleichzeitig versuchten sie, sich als Verteidiger westlicher Werte und Menschenrechte darzustellen. „Es muss über beide Seiten und ihre Ziele aufgeklärt werden“, mahnte der Professorin.

Der Islamwissenschaftler Aladdin Sarhan betonte die Unterschiede zwischen der Mehrheit der Muslime und der Minderheit der Salafiten. Während Allah für die meisten Muslime schlicht Gott sei, sähen die Salafisten Allah als den absoluten Befehlshaber.Während der Islam insgesamt durch Vielfalt geprägt ist, vertreten die Salafisten Sarhan zufolge ein geschlossenes Weltbild. Viele Konvertierte seien nicht zum Islam übergetreten, sondern direkt zur salafistischen Auslegung, sagte der Lehrbeauftragter an der Universität Witten/Herdecke.

Quelle: Evangelischer Pressedienst (epd) West , 24.09.2012

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