Rechtspopulismus schürt Fremdenfeindlichkeit

Bilanz einer Tagung zu Rechtspopulismus und Rechtsextremismus

Der seit Jahren wachsende Rechtspopulismus in Europa schürt Fremdenfeindlichkeit und Gewalt. Es besteht kein Anlass anzunehmen, dass diese Entwicklung in absehbarer Zeit zum Stillstand kommen wird.

Dr. Werner T. Bauer, Österreichische Gesellschaft für Politikberatung und Politikentwicklung, während seines Vortrags. Foto: H. Blum

Diese Einschätzung gab Dr. Werner T. Bauer von der Österreichischen Gesellschaft für Politikberatung und Politikentwicklung im April 2013 bei einer Tagung in Bonn.

Rechtspopulisten: Machtzuwachs durch indirekte Einflussnahme und Agenda-Setting im politischen Feld
Gezielte Tabubrüche, die häufig im Bereich der Grund- und Menschenrechte angesiedelt sind, sind das wichtigste Mittel der Rechtspopulisten, um auf sich aufmerksam zu machen und Anhänger zu gewinnen. Ebenso gehören Internetseiten und Blogs zu den von rechten Bewegungen und Parteien eingesetzten Methoden. Sie dienen der Inszenierung von Entrüstung, den so genannten „Shitstorms“. Auf diesen Wegen gewinnen die Rechtspopulisten durch indirekte Einflussnahme und Agenda-Setting an Macht. Ihr größter Erfolg bestehe, so Bauer, in der Angst der etablierten Parteien vor einem Wählerverlust und der daraus resultierenden indirekten Einflussnahme der Rechtspopulisten auf politische Entwicklungen, insbesondere in Fragen der Migrationspolitik.

Bauer: Medien greifen populistische Inszenierungen auf
Bauer kritisierte in diesem Zusammenhang auch die Medien, insbesondere die Boulevardmedien. Statt den Kern demokratischer Systeme, die Debatten und Diskussionen, widerzuspiegeln, würde die Politik in den Medien immer weiter trivialisiert. Die Boulevardmedien seien auf der Suche nach Normbrüchen und Skandalen aller Art und deshalb auch bereit, populistische Inszenierungen aufzugreifen.

Rechtspopulisten gewinnen Wähler insbesondere unter den Modernisierungsverlierern
Der Wissenschaftler stellte auf der Tagung „Nationalismus, Fremdenfeindlichkeit und zunehmende Gewalt in Europa“ seine Studie zu Rechtsextremismus und Rechtspopulismus in Europa vor. Diese Bewegungen finden ihre Wähler insbesondere unter den sogenannten Modernisierungsverlierern, die von den Folgen der ökonomischen, kulturellen  und politischen Globalisierung betroffen sind. Die Populisten missbrauchen dabei gezielt in Zeiten der globalen Krise und der sozialen Not vorhandene Ängste für ihre eigenen Zwecke.

Feindbilder der Rechtspopulisten: das politische Establishment und alle Arten von Minderheiten
Besonders problematisch sei die Bagatellisierung und Verharmlosung von Rechtspopulisten, weil sie sich – anders als die Rechtsextremen – nicht per se antisemitisch geben und häufig sogar ganz betont pro-israelisch darstellen. Doch ähnlich wie der Rechtsextremismus baue auch der Rechtspopulismus seine Agitation auf Feindbilder auf und identifiziere Sündenböcke, die für gesellschaftliche Missstände verantwortlich gemacht würden. Neben dem politischen Establishment seien dies vor allem alle Arten von Minderheiten.

Besonders im Fokus: Sinti und Roma, Muslime
Vor allem Sinti und Roma, aber auch Muslime und der Islam sind in den letzten Jahren besonders ins Visier der Rechtspopulisten in ganz Europa geraten. In Griechenland, das von der Eurokrise mit am stärksten betroffen ist, habe sich in kürzester Zeit der Populismus in blanke Gewalt gegen Fremde gewandelt, berichtete Doris Peschke von der Kommission Kirche und Migranten in Europa. Rechte Milizen und Schlägertrupps verübten häufig ungestraft Gewalttaten an nicht europäisch aussehenden Ausländern.

Evangelische Kirche muss sich eindeutig gegen Rechtsextremismus und Rechtspopulismus positionieren
Einer Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung zufolge gibt es auch im kirchlichen Raum und besonders im evangelikalen Spektrum eine Tendenz zu Fremdenfeindlichkeit und Rassismus. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) müsse sich daher eindeutig gegen Rechtsextremismus und -populismus positionieren, forderte Mechthild Gunkel von der Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus in Bonn. Die Bundesarbeitsgemeinschaft befürworte deshalb eine eigene Untersuchung der EKD.

Kirchen können noch stärker für Toleranz werben als zivilgesellschaftliche Institutionen
Kirchen können noch stärker für Toleranz werben als andere zivilgesellschaftliche Institutionen
Dass die Kirchen andererseits zu den wichtigsten Partnern der Politik gehörten, wenn es um den Schutz von Minderheiten und die Einhaltung der Menschenrechte geht, unterstrich Ulrich Bunjes, Politischer Sonderberater der Generaldirektorin für Demokratie beim Europarat. Denn gerade die Kirchen könnten noch stärker auf moralischer Ebene für ein Klima der Toleranz werben als andere zivilgesellschaftliche Institutionen. Ohne sie wäre eine erfolgreiche Arbeit zum Schutz gegen Verfolgung, Diskriminierung und Diffamierung nicht möglich.

Weiterführende Informationen

Ein Statement von Mechtild Gunkel, Gründungsmitglied der Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus (BAGKR) und von 2010 -2013 dort Mitglied des SprecherInnenrates, ist hier auf unserer Homepage als Download abrufbar.

 

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