11. September: Die Forderung nach einem „gerechten Frieden“ ist die wichtigste Antwort

11.9.2011

joergenklussmann

Studienleiter Jörgen Klußmann in „Chrismon plus Rheinland“ In der aktuellen September-Ausgabe 2011 der evangelischen Monatszeitschrift Chrismon plus Rheinland nahm Jörgen Klußmann Stellung zum 11. September 2001 und ...

Studienleiter Jörgen Klußmann in „Chrismon plus Rheinland“

In der aktuellen September-Ausgabe 2011 der evangelischen Monatszeitschrift Chrismon plus Rheinland nahm Jörgen Klußmann Stellung zum 11. September 2001 und seinen weltweiten Folgen.

Die Forderung nach einem „gerechten Frieden“ ist die wichtigste Antwort auf die Terroranschläge und ihre weltweiten Folgen – so das Resümee von Jörgen Klußmann in seinem „Standpunkt“- Kommentar. Der Kommentar ist hier zum Nachlesen bereit gestellt.

„Die Welt ist seit dem 11. September 2001 eine andere geworden. Fast jeder Mensch kann erzählen, was er gemacht hat, als er an diesem Tag vor zehn Jahren von den Anschlägen auf das World Trade Center in New York erfuhr. Die Bilder von den brennenden und einstürzenden Zwillingstürmen verfolgen uns bis heute.

Der am 11. September begonnene Kampf gegen den Terror hat bis heute Folgen in der westlichen und in der arabischen Welt
Nach dem 11. September 2001 begannen westliche Politiker den „Kampf gegen den Terror“. Er scheint seitdem jede noch so drastische Maßnahme zu rechtfertigen. Die militärischen Interventionen der USA und ihrer Verbündeten in Afghanistan und im Irak haben Millionen von Menschen Tod, Verstümmelung oder Folter gebracht. Unklar ist nach wie vor, wie es dort weiterge­hen soll: Der Abzug von Truppen bedeutet nicht automatisch die Befriedung eines Territoriums. Die Einsicht, dass selbst die mo­dernsten Waffen und technische Überlegenheit nicht ausreichen, um einen Krieg gegen Untergrundkämpfer zu gewinnen, kommt spät. Hier ist viel Vertrauen verloren gegangen. Der Westen hat in der arabischen Welt und darüber hinaus Glaubwürdigkeit und Bedeutung verloren. Im Westen selbst hat der Kampf gegen den Terror zu neuen Antiterrorgesetzen geführt, die Bürgerrechte ein­schränken. Außerdem hat er die Islamophobie – die Angst vor dem Islam – verstärkt.

Die Forderung nach einem „gerechten Frieden“ ist die überzeugendste Antwort auf den 11. September
Seit dem 11. September wissen wir, dass Krisen immer schnel­ler globale Folgen haben, dass sich Ungerechtigkeit und nachfol­gender Kampf und Terror immer globaler auswirken. Der 11. Sep­tember muss uns daran erinnern, dass wir alle verwundbarer ge­worden sind. Und selbst, wenn wir nicht direkt von den Folgen betroffen sind, sind wir es doch indirekt: weil bürgerliche Frei­heiten eingeschränkt wurden, weil der Handel schwieriger ge­worden ist und erheblich mehr Mittel für den Kampf gegen den Terror bereitgestellt wurden, die an anderer Stelle fehlen  Aus christlich friedensethischer Perspektive ist die Forderung nach einem „gerechten Frieden“ – wie er nicht nur in der Friedens­denkschrift des Rats der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) „Aus Gottes Frieden leben – für gerechten Frieden sorgen“ zu lesen ist – die wichtigste und, wie ich meine, die überzeu­gendste Antwort auf den 11. September.

Ein „Gerechter Friede“ schließt das Ende ungerechter Handelsbeziehungen, wirtschaftlicher Ausbeutung und Benachteiligung von großen Bevölkerungsgruppen mit ein
Ein „gerechter Friede“, der den untrennbaren Zusammenhang von Frieden und Gerechtigkeit meint, macht Schluss mit struktu­reller Gewalt durch ungerechte Handelsbeziehungen und wirt­schaftliche Ausbeutung, mit Korruption und der Benachteiligung von großen Teilen der Bevölkerung bei gleichzeitiger Bevorzu­gung ausgewählter Eliten. All dies schafft die Voraussetzungen für Kriege und führt damit letztlich zu konkreter körperlicher und seelischer Gewalt.

Im Falle des 11. Septembers sind die Anschläge zunächst Ta­ten fundamentalistischer, terroristischer islamistischer Kräfte. Doch indirekt sind sie auch als eine Antwort auf die Politik des Westens und seinen Umgang mit der arabischen Welt zu verste­hen, der strukturelle Gewalt bis dahin begünstigt hat. Wer nach Hintergründen für die Attentate und den aktuellen Aufruhr in diesen Ländern fragt, wird auch aus Berichten der Ver­einten Nationen erfahren, dass die Ungerechtigkeiten und struk­turellen Ungleichheiten dort extrem sind. Die Regime tyrannisie­ren ihre eigenen Bevölkerungen und schließen sie systematisch vom Zugang zu Ressourcen und von politischer Beteiligung aus. Bisher galten die Islamisten als einziges Gegengewicht dazu – und der 11. September bewies ihre Schlagkraft. Mit dem arabi­schen Frühling besteht Hoffnung, dass der Teufelskreis aus Un­terdrückung und islamistischem Widerstand nun endlich durch­brochen wird.“

Quelle:
„Standpunkt“ in Ausgabe 9/2011 der evangelischen Monatszeitschrift Chrismon plus Rheinland

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